„In zehn Minuten mit der Bahn bis Oslo"
- Interview Christoph Tempel
- Fotos: Klaus Mellenthin
Mit dem Meierikvartalet haben DARK Arkitekter aus Oslo eines der größten Wohnviertel in Lillestrøm entworfen. 350 Wohnungen verteilen sich auf fünf Gebäudekomplexe und das 400 Meter vom Bahnhof und einen Steinwurf vom Marktplatz entfernt. Wir sprechen mit Anne Christensen über Wohnen, Arbeiten und Gewerbe in Lillestrøm.

Die Metropolregion Oslo ist in den letzten 20 Jahren stark gewachsen. Welche Rolle spielen Orte wie Lillestrøm, die mit der Bahn vom Zentrum aus schnell zu erreichen sind? Sind sie Ausweichquartier für all die, die sich die Hauptstadt nicht mehr leisten können oder bieten sie eine andere Lebensqualität und werden deswegen gezielt gesucht?
Ich denke, beides ist der Fall. Lillestrøm ist definitiv eine Alternative zum Leben in Oslo. Die Preise dort sind sehr hoch. Außerdem gibt es geografisch recht wenig Platz in der Innenstadt. Analysen vor Projektbeginn zeigten uns, dass ein Großteil der Menschen, die sich für Wohnen in Lillestrøm interessieren, aus Oslo kommt, nicht selten aus angesagten Stadtvierteln wie Grünerløkka, die jedoch zunehmend unerschwinglich werden. Viele kaufen sich ein Einfamilienhaus in Lillestrøm, manche ihre erste kleine Woh- nung. Lillestrøm ist auch deswegen interessant, weil Oslo mit der Bahn in zehn Minuten ebenso schnell zu erreichen ist, wie Oslo Lufthavn, der große internationale Flughafen Norwegens.
Was bietet das Meierikvartalet (Meiereiquartier) der Stadt?
Das Gelände hat eine industrielle Vorgeschichte: Hier stand eine Molkerei, daher auch der Name. Leider steht von der nichts mehr, denn zwischendurch befanden sich hier ein Großmarkt und ein Autohaus. Heute wird der Bereich als Innenstadt Ost bezeichnet und erweitert diese um einen öffentlichen Platz im Zentrum des Quartiers, von dem aus Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte zugänglich sind.
Wie haben Sie das baulich umgesetzt?
Unsere Idee für Meierikvartalet war, höher zu bauen, woran die Stadt ein großes Interesse hat, und dazwischen so viel öffentlichen Raum wie möglich zu schaffen. Zwei achtstöckige Riegel begrenzen das Gelände an den Straßen im Westen und Norden. An der Bahntrasse im Osten übernimmt diese Aufgabe ein Zwölfgeschosser. Dazwischen ist Raum für die drei Punkthoch- häuser mit 15, 17 und 19 Stockwerken. Insgesamt gibt es 350 Wohnungen in unterschiedlichen Größen und Zuschnitten. Eine mit Backstein verkleidete zweigeschossige Sockelzone verbindet die Bauteile und bindet das Quartier optisch in den Kontext der Stadt ein. Darüber sind die Bauten unterschiedlich aus- geführt: Die Türme mit ihrer silbernen Verkleidung, den schwarzen Elementen und den Eckbalkonen haben eine moderne Anmutung.
Im Meierikvartalet gibt es Büro-, Gewerbe- und Wohnnutzungen. Wie hoch ist der Anteil an Gewerbeflächen, wie hoch der des Wohnens?
Wenn die 30.000 Quadratmeter der beiden letzten Gebäudeteile im Süden fertiggestellt sein werden, stehen insgesamt 75.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. 46 Prozent davon sind für Wohnen vorgesehen. Die Stadtverwaltung wollte nicht einfach Wohnen in die Innenstadt bringen, sondern war und ist an einer urbanen Mischnutzung interessiert: Büro, Gewerbe, Bildung, Wohnen. Im derzeitigen Zustand sind 20 Prozent gewerblich genutzt und der Rest ist Wohnen. In allen Gebäudeteilen sind die ersten beiden Stockwerke kommerziellen Nutzungen vorbehalten, in den Erdgeschossen befinden sich vor allem Restaurants und Einzelhandelsgeschäfte, darüber Büroräume und dann die Wohnungen. Der zentrale Turm ist mit 19 Stockwerken das zweithöchste Wohngebäude Norwegens.



Mit dem unterirdischen Parksystem von WÖHR wurde oberirdisch Platz für autofreie Gassen und Aufenthalt geschaffen.
Wer wohnt im Quartier? Familien, Singles?
Hier wohnt ein guter Mix aus jüngeren und etwas älteren Menschen, die kurz vor der Rente stehen und nicht selten ihr Einfamilienhaus verkauft haben, um in die Stadt zu ziehen. Familien mit Kindern wohnen hier in der Innenstadt nicht so häufig.
Wie wichtig ist das Auto für ein Leben in Lillestrøm?
Wenn man in Lillestrøm lebt und in Oslo arbeitet, fährt man nicht mit dem Auto zur Arbeit, sondern mit dem Zug, denn es gibt fast keine Parkmöglichkeiten in der Innenstadt. Hinzu kommt, dass der öffentliche Personennahverkehr gut ausgebaut und recht preisgünstig ist. Sicher ist es für viele Menschen in Lillestrøm attraktiv, ein Auto zu besitzen, das jedoch vor allem für das Wochenende bereitsteht oder genutzt wird, sofern man nicht in Oslo arbeitet. Zudem ist Lillestrøm eine Stadt mit hohen Ambitionen, was den Fahrradverkehr anbelangt: Man sieht sehr viele Menschen radeln.
Wieso haben Sie sich für ein Parksystem von WÖHR entschieden?
Der Bebauungsplan hätte es zugelassen, zwei Parkebenen unter dem Meierikvartalet zu errichten, was jedoch bei dem schwierigen Untergrund recht kostenintensiv geworden wäre. Also haben wir nur eine errichtet, die sich den Raum zudem noch mit den vorgeschriebenen Kellerräumen für die Mieter und den technischen Einrichtungen teilen muss. Da bietet es sich an, den begrenzten Raum anhand eines Parksystems von WÖHR zu optimieren.
Produktinformationen
14 x Parkplatte 501, Plattformbelastung: max. 2,6 t, Durchmesser: 227 cm, Stromschienen an der Decke, Anordnung von 2 Parkreihen hintereinander |
3 x Combilift 542 MR mit 4er Raster: insgesamt 24 Stellplätze, dreireihige Anordnung hintereinander, Plattformbelastung untere Ebene 2,6 t, Plattformbelastung obere Ebene 3,0 t, Plattformbreite 250 cm, max. Fahrzeuglänge 570 cm, max. Fahrzeughöhe untere Ebene 190 cm, max. Fahrzeughöhe obere Ebene 215 cm |
3 x Combilift 542 MR mit 6er Raster: insgesamt 33 Stellplätze, dreireihige Anordnung hintereinander, Plattformbelastung 2,6 t, Plattformbreite 250 cm, max. Fahrzeuglänge 570 cm, max. Fahrzeughöhe untere Ebene 190 cm, max. Fahrzeughöhe obere Ebene 215 cm |

Meierikvartalet, Lillestrøm
DARK Arkitekter
DARK Arkitekter, gegründet 1988, ist ein norwegisches Unternehmen mit einem nachhaltigen Ansatz zur Architektur und Stadtplanung. Als Teil der multidisziplinären Dark Design Group integriert DARK Architektur, Landschaft, Innenarchitektur und Städtebau, um gemeinschaftsorientierte, umweltbewusste Räume zu schaffen. Projekte wie Oslos Barcode-Viertel, Meierikvartalet und Stortorvet 7 zeigen das Engagement des Unternehmens für die Gestaltung widerstandsfähiger städtischer Umgebungen, in denen soziales Engagement und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen.