PROJEKTREPORTAGE

Franklin Turm, Zürich

Armon Semadeni

Höhendominante und visuelle Verknüpfung von Alt- und Neu-Oerlikon: der Franklin Turm.

Drehscheibe des Verkehrs

  • Autorin Paulina Minet
  • Fotos: Roman Keller

Globalisierung, Urbanisierung und ein zukunftsfähiges Miteinander von Ökologie und Ökonomie: Der Trend zur Ballung von Menschen, Industrie, Handel und so auch von Verkehrsströmen in Städten und Metropolregionen ist ungebrochen. Für funktionsfähige und lebenswerte Metro- polen ist die Minimierung von Emissionen und Ressourcen- verbrauch essenziell. WÖHR begleitet diese Transformations- prozesse nicht nur, sondern gestaltet sie aktiv mit.

Das Bild zeigt den Franklin Turm am Bahnhofsvorplatz von Alt- und Neu-Oerlikon.
Höhenstaffelung als verbindendes Element zur umliegenden Bebauung.

Oerlikon, einst ein Bauerndorf hinter den Bergen, entwickelte sich von einem von der Eisenbahn geprägten Industriequartier zu einem boomenden Stadtteil im Norden Zürichs, der heute für moderne Dienstleistungen und Technologien bekannt ist.

Mobilitätsknoten und Stadtteiler

Der 2016 sanierte Bahnhof mit Personenunterführung fungiert als Scharnier zwischen Alt- und Neu-Oerlikon, die durch die Gleisanlagen voneinander getrennt sind. Durch die unmittelbare Nähe zum Flughafen und zum Hauptbahnhof Zürich wird der Bahnhof zum Mobilitätszentrum für den öffentlichen und den privaten Verkehr.

Das Bild zeigt einen Grundriss des Erdgeschosses des Franklin Turms in Zürich.
Erdgeschoss

Der Franklin Turm, entworfen von Armon Semadeni Architekten, bildet den südlichen Abschluss des Bahnhofplatzes und markiert den Eingangsbereich des Bahnhofs. Mit einer Höhe von etwa 80 Metern ergänzt das Gebäude an der Hofwiesenstraße die Skyline des Stadtteils und greift durch seine Drehung und dreigeteilte Höhenstaffelung die unterschiedlichen Bauphasen der Umgebung auf. So folgt der fünfgeschossige Gebäudesockel den Fluchten von Gleisen und Straße. Während er gleisseitig ab dem zweiten Obergeschoss über den Bahnsteig auskragt, bildet er auf der anderen Seite das Visavis zur Pestalozzi-Bibliothek und schafft durch seine Höhe eine visuelle Verbindung zu der historischen Blockrandbebauung.

Franklin Turm interagiert mit seinem baulichen Umfeld

Oberhalb des Sockelbereichs ist der gesamte Baukörper in Richtung der Gleise gedreht, dennoch in zwei weitere Teilbereiche gegliedert. Der mittlere, elfgeschossige Gebäudeteil nimmt die Höhe des Neumarkts auf, einem Gebäudekomplex aus Einkaufszentrum und zwei niedrigeren Hochhäusern. Die Dachterrasse oberhalb des elften Geschosses leitet den letzten Gebäudeabschnitt ein. Ab hier ist die Westfassade bis zum 21. Stockwerk um die Hälfte zurückversetzt, die Ostfassade hingegen verläuft als durchgehende Front. So tritt der Franklin Turm gleichermaßen in den Dialog mit dem Swissôtel aus den 1970er Jahren und wird zum Pendant des 2018 fertiggestellten Andreas Turms. 

Schnitt des Franklin Turms in Zürch mit erkennbarem Parksystem von Wöhr.

Auch die Gliederung der vorgehängten Elementfassade ist auf die Umgebung abgestimmt und unterstützt die volumetrische Wirkung des Gebäudes. Während im Erdgeschoss die Maßstäblichkeit der Perrondächer aufgenommen wurde, gestaltet sich die Gliederung der Obergeschosse einheitlich und bindet das gestaffelte Volumen optisch zusammen. Die Formelemente der projektspezifisch entwickelten Closed Cavity Fassade wurden gerüstlos montiert, die Formelemente dabei an Metallknoten- punkten befestigt. So konnte die Fassade schon ein halbes Jahr nach Rohbau fertiggestellt werden, ohne dass der Zugverkehr zum Erliegen kam.

Flexible Raumnutzungen

Der Innenraum zeichnet sich durch lichtdurchflutete Büro- und Gewerbeflächen zwischen 560 und 1.070 Quadratmetern mit einem Panoramablick über Zürich aus. Der Ausbau durch die Mieter ermöglicht eine flexible Nutzung der Räume, ob als Einzel- oder Großraumbüros, MRI-Zentrum oder Fitnessstudio; das Gebäude ist von einer durchmischten Nutzung geprägt. Der Rohbau umfasste lediglich den Innenausbau der zentralen Zone mit zwei Kernen sowie die Montage der Deckenelemente zur Luftkonditionierung und der sichtbaren Haustechnikleitungen.

Komplexe Statik benötigt stabiles Fundament

Vor allem die statischen Anforderungen des Hochhauses stellten die Planenden vor konstruktive Herausforderungen. Um auf dem äußerst schmal bemessenen Perimeter zwischen Gleisanlagen und Straße ein Hochhaus zu realisieren, musste Schäden durch die statischen Kräfte des hohen Gebäudes vorgebeugt werden. Hinzu kam die instabile Bodenstruktur und ein 30 Meter unter der Erde verlaufender Glattstollen, in dem zwei Abwasserrohre verlaufen, von Entsorgung und Recycling Zürich. Durch eine Kombination aus Flach- und Pfahlgründung mit einem Tiefbau über drei Untergeschosse konnte ein stabiles Fundament geschaffen werden. Auch die markante Auskragung und Drehung des Turms beeinflussten die Statik erheblich. Um das Gebäude vor dem Kippen zu bewahren und den enormen Windkräften entgegenzuwirken, kam eine vertikale und horizontale Vorspannung zum Einsatz. Diese Technik ist bekannt aus dem Brückenbau und wird selten bei Gebäuden angewendet; konkret wurden in den Wänden Rohre mit Ankerlitzen verlegt, die mit hoher Last verspannte Stahlseile führen. Mehrere hundert dieser Kabel waren notwendig, um das statische Gleichgewicht des Hochhauses sicherzustellen. Zudem musste das Gebäude gegen Erschütterungen durch Erdbeben und den Bahnbetrieb geschützt werden.

Kompaktes Hochregallager für Fahrzeuge

Das Bild zeigt eine Außenaufnahme des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.
Das Bild zeigt eine Innenaufnahme des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.
Das Bild zeigt eine Innenaufnahme des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.

Weiter übernimmt der Franklin Turm wesentliche Aufgaben des öffentlichen Raums. Neben der Rampe zur öffentlichen Fahrradgarage findet auch die Belieferung und Müllentsorgung der Einkaufspassage des Bahnhofs im Erdgeschoss des Turms statt. Das daran angrenzende Parksystem „WÖHR Multiparker 740“ integriert auf effiziente Weise 38 PKW-Stellplätze für die Mietparteien im Gebäude. Nach dem Abstellen der Fahrzeuge in der Übergabekabine werden diese automatisch verräumt und im vierstöckigen Hochregallager in den Untergeschossen geparkt. Je nach Fahrzeughöhe stehen 21 Stellplätze bis maximal 2 Meter und 17 Stellplätze bis 1,70 Meter für Fahrzeuggewichte bis maximal 3 Tonnen zur Verfügung. Die 360°-Drehvorrichtung in der Übergabekabine ermöglicht bequemes Ein- und Ausparken jeweils in Fahrtrichtung.


Produktinformationen

Multiparker 740:
38 Stellplätze, 4 Parkebenen mit je 2 Parkreihen, 360°-Drehvorrichtung für bequemes Ein- und Ausparken, Dauer des Park-vorgangs 80 – 170 Sekunden, Bedienung per RFID-Chip, Fahrzeuglänge max. 5,25 m, Fahrzeuggewicht max. 3
Das Bild zeigt einen erweiterten Grundriss des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.
Das Bild zeigt einen Querschnitt des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.
Das Bild zeigt einen Grundriss des Parksystems „WÖHR Multiparker 740“ im Franklin Turm in Zürich.

Architekten

Armon Semadeni

Das Architekturbüro wurde 2009 von Armon Semadeni in Zürich gegründet. Seit der Entstehung plante und realisierte das Büro mehrere größere öffentliche und private Bauten in der Schweiz, unter anderem das Naturmuseum St. Gallen, die Fachhoch- schule für Gesundheit und soziale Arbeit des Kantons Fribourg, das Bürohochhaus Franklin Turm für die SBB Immobilien in Zürich und mehrere Wohnsiedlungen. Das Büro plant Projekte unterschiedlicher Größenordnungen und in vielfältigen Themenbereichen, mit diesem Grundsatz nimmt es auch an Wettbewerben teil und engagiert sich für eine lebendige und vielfältige Baukultur in der Schweiz.

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